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remy schärer 1951

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Manifeste aus Stahl

Sie sind der Versuch, eine eigene Welt zu realisieren. Die rostige Oberfläche verweist auf ihre Fertigung aus Eisen und Stahl. Starr und unnachgiebig scheinen die schweren Gebilde auf den ersten Blick. Doch bei näherem Heranschreiten gewinnen sie plötzlich an Leichtigkeit, entledigen sich ihrer Schwere durch das Spiel mit ihrer Umgebung, verlieren ihre Mächtigkeit im langsamen Zerfall durch Wind und Wetter. Die Rede ist von den Werken des in Villnachern heimischen und arbeitenden Künstlers Remy Schärer. Seit gut zehn Jahren ist er hier, am Rande des Dorfes in der Nähe des Waldrands, mit der Kreation seiner eigenen Welt beschäftigt.

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Der 1951 geborene Künstler ist im Freiamt aufgewachsen, wo er auch seine schulische und berufliche Ausbildung genoss. Als Bau- und Projektleiter eines Architekturbüros verlegte er in den 70er Jahren seine berufliche Tätigkeit nach Brugg und bezog sein Domizil in Villnachern. Als er im Alter von 48 Jahren schliesslich seinen Beruf wechselt und für die kommunale Verwaltung in der Planungsabteilung arbeitet, unternimmt er auch erste Reisen in seine eigene Welt. Als Ausgleich zunächst erlernt er als Autodidakt die Bearbeitung von Metall, beginnt zu schweissen, zu bohren, zu sägen und zu schleifen. Erste Werke entstehen: Figuren und Elemente aus eben jener anderen, eigenen Welt, die der Künstler nun immer häufiger besucht.

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„Meine Werke sind der Zielraum meiner Gedanken“, meint Remy Schärer wenn er über seine Arbeit spricht. „Sie sind Herausforderung für meine eigene Welt, die ich versuche zu realisieren.“ Mittlerweile hat er über 120 Werke geschaffen, die uns als aus Eisen und Stahl gefertigte Manifestationen einen Einblick in jene andere Welt gewähren, die er seit gut zehn Jahren zu erfassen versucht. Und so wird man, ist man einmal am „Wächter“, 2009 vorbeigekommen, im Steingarten des Künstlers von einer Vielzahl von Bewohnern dieser Welt, zum Beispiel von der  „Schnecke im Glück“, 2015, der „Stechmücke“, 2015 und der „Sonnenkönigin“, 2006 freundlich empfangen. Und während man ein wenig mit „Markus“, 2009 und „Herr C.M“, 2008 plaudert, erblickt man im Himmel auch die „9 Planeten“, 2009, die einen die Grösse dieses bereits durch den Künstler erkundeten Eisenuniversums ahnen lassen.

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Eisen hatte für den Künstler schon immer eine grosse Bedeutung. Einerseits bietet es ihm durch die Möglichkeiten der Verarbeitung, im Gegensatz zu Holz oder Stein, die Freiheit in der Gestaltung jener Formen und Figuren, die seine Gedanken am treffendsten manifest werden lassen. Andererseits erinnert der Rost des nicht behandelten Eisens an die Vergänglichkeit und damit auch an die beständige Veränderung. Alles Geschaffene hat seine Zeit, dann verschwindet es und lässt wieder Raum für Neues. Remy Schärer interessiert sich nicht für die Ewigkeit des Monumentalen, sondern für die Vergänglichkeit des Momentanen. Seine Werke sind ephemere Manifestationen von Gedanken aus Stahl. Oder vielleicht sogar besser: Manifeste aus Stahl.

 

Fabian Frei (27. August 2015)

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